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Evangelium und Reflexion

Der Goldbarren und das Joch | Evangelium vom 9. Juli

By 5 Juli, 2023No Comments

Evangelium nach Matthäus 11,25-30: 

In jener Zeit sprach Jesus: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil du all das den Weisen und Klugen verborgen, den Unmündigen aber offenbart hast. Ja, Vater, so hat es dir gefallen. Mir ist von meinem Vater alles übergeben worden; niemand kennt den Sohn, nur der Vater, und niemand kennt den Vater, nur der Sohn und der, dem es der Sohn offenbaren will.
Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir; denn ich bin gütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele. Denn mein Joch drückt nicht, und meine Last ist leicht.

Der Goldbarren und das Joch

Luis CASASUS | Präsident der Idente Missionarinnen und Missionare

Rom, 9. Juli 2023 | 14. Sonntag im Jahreskreis

Sach 9:9-10; Röm 8:9, 11-13; Mt 11:25-30

Es ist interessant, wo St. Matthäus die Worte der Freude, die wir heute von Christus hören, einfügt: Ich preise dich, Vater, Herr des Himmels und der Erde, denn obwohl du diese Dinge vor den Weisen und Gebildeten verborgen hast, hast du sie den Kleinen offenbart. In den vorherigen Zeilen beklagt er sich darüber, dass trotz der empfangenen Zeichen und der gesehenen Wunder die Einwohner der Städte Korazin und Bethsaida sich nicht geändert haben.

Es gibt etwas zu beachten in dieser Aussage. Jesus bezieht sich nicht auf eine “grundlegende Wahrheit” oder auf ein privilegiertes Wissen. Er spricht von verschiedenen Dingen, die er uns zweifellos zu verstehen geben will, wie er es mit den undankbaren Städten versucht hat, in denen er Wunder wirkte. Ohne einige “Dinge” zu verstehen, können wir sicherlich nicht mit dem Meister gehen und uns gelingt es nicht, wahrzunehmen, was gut oder schlecht, wertvoll oder nutzlos ist. Dies geschieht uns allen auf die eine oder andere Weise. Auch wenn wir im Alter und im Wissen wachsen, verlieren wir die Sensibilität für “diese Dinge” und unser Glaube kühlt ab. Ich möchte dies mit einer Geschichte veranschaulichen:

Eines Tages fand ein siebenjähriges Mädchen ein großes Stück schweres Metall. Es war so dick mit Schmutz verkrustet, dass selbst beim Waschen das Metall nicht glänzte. Aber sie wusste, dass es Metall war, weil es so viel wog.

Sie rannte damit (schwer wie es war) zu ihrer Mutter, die auf der hinteren Veranda saß und das Mittagessen vorbereitete.

Ich habe Gold gefunden, rief sie, Gold! Und sie legte den schweren Goldbarren in den Schoß ihrer Mutter. Die Mutter schrie: Nimm das von dem Tisch runter, siehst du nicht, dass ich das Essen vorbereite.

Sie rannte damit zu ihrem Vater, der hinter der Zeitung sagte: Schau mal, ich lese die Zeitung. Aber es ist Gold, bestand sie darauf. Schau wie schwer es ist. Schau wie gelb es ist. Es ist Gold und es könnte uns reich machen! Aber ihr Beharren war vergeblich.

Sie legte den Goldbarren in eine Schuhschachtel und vergrub ihn unter dem Magnolienbaum im Hof. Einmal pro Woche grub sie ihn aus, um ihn anzusehen.

Dann grub sie ihn immer weniger aus… bis sie schließlich vergaß ihn auszugraben. Ihr Geist war auf andere Dinge konzentriert.

Vergessen wir nicht den letzten Absatz der Geschichte. Das Leben ändert sich, stellt uns neue Verpflichtungen vor, unerwartete Situationen, unvorhergesehene Schwierigkeiten… so dass wir in der Praxis den Schatz aufgeben, den wir gefunden haben: das Vertrauen in Christus, das viel mehr ist als zu glauben, dass Gott existiert.

Unser Gründervater hat uns über die Anstrengung unterrichtet, die nötig ist um nicht von den Ereignissen innerhalb oder um uns herum gefangen zu werden und so in der Lage zu sein die fortwährenden Anregungen des Geistes aufzunehmen. An erster Stelle bezieht er sich auf zwei konkrete Situationen unseres täglichen Lebens:

Intellektuelle Annahme des Evangeliums. Dies bedeutet nicht einfach “nicht zu widersprechen”, was Christus sagt, sondern sorgfältig aufmerksam und kreativ über seine Worte und Werke nachzudenken um sie bei passenden Gelegenheiten anzuwenden.

Lösen der Konflikte meiner Leidenschaften mit der Lehre des Evangeliums. Dies ist eine Gewohnheit, die wir allmählich lernen, so dass wir in Momenten emotionaler spiritueller oder relationaler Konflikte in der Lage sein werden gemäß der Haltung Christi in ähnlichen Situationen zu leben.

Aber wie bei dem goldenen Barren in der vorherigen Geschichte erscheint Christus diskret. Das erinnert uns an die Erste Lesung: Schon kommt euer König zu euch, reitend auf einem Esel! Er ist demütig, aber gerecht und er kommt, um euch den Sieg zu geben.

Neben der Reflexion über das Evangelium und der Zuwendung zu ihm in Zeiten des Konflikts spricht Fernando Rielo uns vom Geist des Evangeliums, welcher weder eine Methode noch eine Strategie noch ein Regelwerk ist. Es ist tatsächlich das Leben, was St. Paulus uns in der Zweiten Lesung sagt: die Anwesenheit des Geistes, der in uns lebt auszunutzen. Wie er wörtlich sagt: Derjenige, der Christus Jesus von den Toten auferweckt hat, wird auch euren sterblichen Körpern Leben geben.

Dies ist nichts Fremdes, sondern eine intime, intensive und übermaterielle Anwesenheit, von der wir bei einigen Menschen, die wir kennen, Erfahrung haben. Diese Menschen haben einen großen Einfluss auf den Verlauf unseres Lebens, manchmal zum Guten und manchmal mit negativen Auswirkungen. Die verschiedenen Formen der Anwesenheit verändern unsere Gedanken, Gefühle und Verhaltensweisen auf mächtige Weise. Tatsächlich erinnere ich mich an den Fall eines Alkoholikers, der nach dem Tod seiner Frau eine radikale Veränderung durchmachte, seine Abhängigkeit überwand und sein Leben der Form der Freiwilligenarbeit widmete, die seine verstorbene Frau praktiziert hatte. Bei dieser Gelegenheit war es keine physische Anwesenheit, sondern eine intensive und verehrte Erinnerung, die bei all seinen Entscheidungen ein entscheidendes Gewicht hatte. Oder wie ein Freund von mir mit Zufriedenheit sagen würde: Wie sehr hätte mein Großvater es gemocht, mich in diesem Moment zu sehen, dass ich in Medizin promoviert habe und tatsächlich habe ich diese Karriere studiert, weil er davon begeistert war.

Aber paradoxerweise achten viele von uns nicht auf die Anwesenheit Christi, der die Fähigkeit hat, uns Leben zu geben uns zu beleben, indem er fortwährend die besten Träume die edelsten Initiativen unserer Herzen ermutigt.

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Wenn Christus uns heute von seinem Joch spricht, verstehen wir vielleicht nicht gut, dass ein Joch KEINE zusätzliche Last, kein zusätzliches Gewicht ist, sondern ein Instrument, das es den Tieren erleichtert, die Last zu ziehen, die sie tragen müssen. Christus will unsere Reise erträglicher machen und die Metapher des Jochs ist sehr aufschlussreich, denn die Bibel spricht von schweren, versklavenden Jochen (Jes 58: 6, 9) und Christus offenbart uns ein ganz anderes: die Einheit mit Ihm. Vergessen wir nicht, dass Joseph ein Zimmermann war und sein Sohn genau wusste, wovon er sprach.

Die Realität ist, dass der Mensch ein Joch BRAUCHT, ein Gefühl der Einheit, der Zugehörigkeit, das ihm oft die Freiheit raubt, zu der unsere Fähigkeit (oder Fakultät) der Einheit berufen ist. Und das heutige Evangelium besteht gerade darauf, dass das Joch Christi für diejenigen ist, die sich müde und überlastet fühlen… eine echte Therapie, die nichts mit dem zu tun hat und eher das Gegenteil von dem ist, was wir unter einem Joch verstehen.

Es ist kein Zufall, dass Jesus den Weg klärt, auf dem wir dieses Joch nutzen können, indem wir so leben wie er es tat mit Sanftmut und Demut des Herzens.

Wie Maria uns im Magnificat erinnert, machen Sanftmut und Demut des Herzens Gottes Handeln in uns möglich und real. Aber es ist auch wahr, dass ihre Gegensätze Stolz und Arroganz uns von Gott und unseren Mitmenschen entfernen. Menschen, die immer von ihren vermeintlichen Erfolgen und Opfern sprechen sind unerträglich und andere nähern sich ihnen nur wegen der Macht, die sie haben das heißt aus Angst oder um einen Vorteil zu erlangen.

Ein Jünger Christi, der es wagt demütig zu sein wie der Heilige Geist in ihm flüstert, weiß, dass seine Treue Früchte tragen wird; er kann es sogar im Leben derer beobachten die ihn verfolgen denn sein Beispiel bleibt in ihnen eingraviert auch wenn sie es nicht sofort akzeptieren oder das Leben oder den Ruhm dieses Jüngers beenden.

Wer nicht demütig ist, lebt wirklich in einem fortwährenden Kampf – bewusst oder nicht – gegen Gott was wirklich tragisch ist. Ich finde es faszinierend wie die Geschichte von Roberto von Sizilien diese Realität veranschaulicht. Es ist eine Erzählung, die in vielen Versionen existiert.

Ein sehr stolzer König geht in die Kirche und erklärt während des Gottesdienstes leichtsinnig, dass er so mächtig sei, dass ihn nichts von seinem Thron entfernen könne. Er schläft sofort ein und findet beim Aufwachen die Kirche verlassen seine Erscheinung verwandelt in die eines Bettlers.

Roberto rennt aus der Kirche und all seine Höflinge behandeln ihn wie einen Verrückten. Niemand glaubt seinen Behauptungen, dass er der wahre Herrscher all derer sei, denen er begegnet denn wie offensichtlich hat ein Fremder Robertos Form angenommen und ihn als König ersetzt, ohne dass jemand den Unterschied bemerkt hat. Roberto versucht in seinen Thronsaal einzutreten gerät in einen Streit mit seinem eigenen Pförtner und findet sich Auge in Auge mit seinem Doppelgänger der tatsächlich ein Engel in Verkleidung ist.

Roberto wird in Schande aus dem Hof gebracht immer noch unerkannt. Er wird gezwungen das Gewand eines Verrückten zu tragen eingesperrt und bekommt einen Affen als Berater angezogen in denselben Kleidern wie er. Trotzdem weigert er sich seinen Anspruch aufzugeben der wahre König zu sein. Nach vielen Demütigungen entdeckt Roberto, dass er am Hof des neuen Königs nur als Verrückter geduldet wird. Drei Jahre lang regiert der Fremde Sizilien mit großem Erfolg.

Schließlich hat Roberto von Sizilien eine religiöse Bekehrung; er erkennt, dass er tatsächlich ein einfacher Verrückter ist, der sich mit Gott misst und akzeptiert seine neue Rolle als Verrückter. Als er dies dem Betrüger erzählt offenbart dieser ihm, dass er in Wirklichkeit ein Engel ist. Er kehrt sofort in den Himmel zurück und Roberto stellt fest, dass die um ihn herum ihn wieder als König von Sizilien erkennen.

Bei unserer “Selbstwichtigkeit” dreht sich wirklich alles um unser “Ego” aber nicht um wahre Wichtigkeit. Wenn du deine eigene Wichtigkeit erkennen willst, so geht das alte Sprichwort stecke deinen Finger in eine Schüssel Wasser ziehe ihn heraus und… suche nach dem Loch im Wasser, wo du deinen Finger hineingesteckt hast.

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In den Heiligsten Herzen von Jesus, Maria und Josef,

Luis CASASUS

Präsident